Kundenfeedback

Wenn endlose Kundenfeedbackschleifen Marketing-, Design- oder IT-Projekte verderben

Marketing Entscheider Blog 3 Kommentare

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Auf zahlreichen Websites von Digital-Dienstleistern, wie Marketingagenturen, IT-Entwicklern oder Designern, findet man häufig Formulierungen wie „gemeinsam erarbeiten wir mit Ihnen [also mit dem Kunden] eine Strategie/ein Konzept, die/das wir dann in die Tat umsetzen“. Damit wollen diese Dienstleister ausdrücken, dass Kundenbelange ernstgenommen werden und der Kunde von Anfang an an Bord genommen wird. Wenigen dieser Dienstleistern ist jedoch bewusst, wie sehr sie auf die Mitwirkung der Kunden angewiesen sind und wie schwer es ist, trotz bester Absichten beider Seiten, Projekte „gemeinsam“ anzugehen.

Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Dienstleister und Kunde ist selbst bei einfachen Projekten ein zentraler Faktor für ein gutes Ergebnis. Klappt die Zusammenarbeit nicht, führt das oft unerwartet schnell zu Ineffizienz und Unzufriedenheit auf beiden Seiten.

Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick, welche Arten von Feedbackschleifen es gibt, was sie bewirken und wie man Kundenfeedback so steuert, dass Marketingprojekte, Designprojekte oder IT-Projekte gelingen.

 

1. Arten von Feedbackschleifen und ihr Effizienzniveau

Optimal: Zeitnahes, fundiertes Kundenfeedback

Optimal ist es, wenn ein Kunde sein Feedback zeitnah gibt, den Erwartungshorizont bezüglich des Qualitätsanspruchs an den Zeitpunkt im Projektverlauf anpasst, das Feedback unter den Projektbeteiligten auf Kundenseite vorher abgestimmt wurde und die Gefahr einer völlig verspäteten Korrektur durch einen Supervisor auf Kundenseite ausgeschlossen ist.

Bei dieser Idealkonstellation hat die Dienstleisterseite alle Fäden in der Hand, um mit einem exzellenten Projektergebnis den Kunden zu begeistern.

 

Suboptimal: Verzögertes Kundenfeedback

Für die obige Art von Kundenfeedback ist es erforderlich, dass der Kunde sich bei einem Projekt intensiv einbringt. In der Praxis fehlt hierfür jedoch oft die Zeit, weil der Kunde in seinem Geschäftsalltag stark eingebunden ist. Schließlich ist die eigene Überlastung auf Kundenseite die häufigste Motivation dafür, dass ein Kunde einen Dienstleister beauftragt (verlängerte Werkbank). Beginnt ein Projekt, dann muss die Agentur damit rechnen, dass ein Kunde schwer zu greifen ist und das erhoffte Feedback erst zu einem sehr späten Zeitpunkt kommt. Da der Dienstleister wenig Handhabe hat, Feedback zu erzwingen, kommt es bei vielen Projekten zu stark verzögerten Kundenfeedback.

Bei einfachen Projekten mit einem geringen Umfang an Personentagen (z. B. Erstellung Explainer-Video) ist der Effekt zwar nicht optimal, aber auch nicht dramatisch, sofern es sich nicht um ein zeitkritisches Projekt handelt. Dagegen summieren sich bei länger laufenden Projekten die Verzögerungen auf (ähnlich wie der Bremseffekt bei Autos zu Bremswellen führt und dann zu Staus). Dann laufen beim Dienstleister schnell alle Kapazitätsplanungen aus dem Ruder. Beispielsweise kommt das langersehnte Kunden-Feedback ausgerechnet zu einer Zeit, wenn wichtige Projektbeteiligte auf Dienstleisterseite in den Urlaub woll(t)en.

Das ist kein Zufall: Auch auf Kundenseite wollen Projektbeteiligte Urlaub nehmen und haben sich dann oft diesen Zeitpunkt als interne Deadline gesetzt, um das längst versprochene Feedback zu geben. Dies versetzt die Entscheider auf Dienstleisterseite in eine unschöne Situation: Sie haben Urlaubsanträge bereits freigegeben, in der Annahme, dass das Feedback vom Kunden schon längst vorliegt und dessen Einarbeitung durch die eigenen Mitarbeiter bereits erfolgt ist – diese somit problemlos in den Urlaub fahren können.

Dieser Fall soll nur ein kleines Beispiel sein und verständlich machen, wie schnell diese Art von Effekten dazu führen kann, dass ein Projekt am Ende manchmal ein Vielfaches der Zeit benötigt hat, als es alle Beteiligten zu Beginn angenommen hatten.

 

Spaßbremse: Verzögertes und oberflächliches Kundenfeedback

Solange Kundenfeedback zwar verzögert kommt, aber inhaltlich fundiert ist, ist das durchaus viel wert. Weitaus schlimmeres Unheil droht dem Projekt, wenn das ohnehin verzögerte Feedback nur oberflächlicher Natur ist. Der Kunde, der vollständig ausgelastet ist, liefert nach vielen Nachfragen und Bitten des Dienstleisters nur das, was für seine vertragliche und moralische Pflichterfüllung nötig ist.

Er macht sich keine Gedanken darüber, was der Dienstleister noch an Informationen benötigen könnte. Besonders ärgerlich wird es, wenn (z. B. aus reiner Bequemlichkeit) dem Dienstleister immer nur ein Feedback-Brocken hingeworfen wird, obwohl der Projektstand und der Kenntnisstand des Kunden ein Feedback erlauben würde, das weit über das minimale „Pflicht-Feedback“ hinausgeht. Nach dem Motto: Hauptsache, der Ball ist wieder beim Dienstleister und dieser ist beschäftigt.

Hier gesellt sich zu der Gefahr der Verzögerung zwischen den Feedbackschleifen auch das Problem, dass die bloße Anzahl der Feedbackschleifen nach oben schnellt. Mehrarbeit ist dann unvermeidbar. Je nach Vereinbarung zwischen Kunde und Dienstleister führt das auch zu höheren Kosten. Bei einer Vereinbarung zu Fixpreisen zahlt die Agentur drauf. Bei einer Stundenvereinbarung (z. B. immer noch bei Kanzleien üblich) geht der Mehraufwand an den Kunden. Fest steht: Der Spaß am Projekt sinkt mindestens bei einer Seite rapide ab.

 

Gefährlich: Verzögertes, oberflächliches und chaotisch eingereichtes Feedback

Wenn die im vorigen Abschnitt beschriebene Art der Mitwirkung des Kunden auch noch durch mehrere Projektbeteiligte ausgelöst wird, dann potenziert sich die Suboptimalität auf ein gefährliches Maß. Auf Kundenseite beschäftigt sich sporadisch Person A mit dem Feedback und der Dienstleister erhält einen beliebigen, subjektiv eingefärbten Ausschnitt als Feedback. Später gibt Person B Feedback und findet einen anderen Aspekt wichtiger. Das gleiche passiert mit Person C und so weiter.

Das Maß an Ineffizienz ist hier so stark ausgeprägt, dass selbst einfache Projekte nur mit Verlust abgeschlossen werden können. Am Ende wundern sich alle, wie es so lange dauern konnte und sind froh, dass es vorbei ist. Als Beispiel für ein kleines Projekt ist hier immer wieder der Launch einer an sich kleinen Website zu beobachten. Findet sich dieses Feedbackverhalten bei komplexen und umfangreichen Projekten, wie der Entwicklung einer individuellen Software, so läuft man Gefahr, dass diese vielleicht niemals fertiggestellt wird.

 

Katastrophal: Verzögertes, oberflächliches und chaotisch eingereichtes Feedback mit Supervisor

Die im vorigen Kapitel beschriebene Feedback-Kultur beschreibt bereits einen besonders schwierigen Fall. Aus negativer Sicht zu toppen ist dieser Fall nur noch, wenn sich auf Kundenseite im Background hinter dem Projektteam ein Supervisor befindet. Er schaltet sich irgendwann nach Gutdünken ein. Das offizielle Projektteam ist dann oft in Strukturen verhaftet, die es dazu verpflichtet, mit dem Feedback des Supervisors auf den Dienstleister zuzukommen.

Sie konfrontieren diesen dann mit gegenteiligem Feedback zu dem von ihnen zu einem früheren Zeitpunkt gegebenen. Aber getreu dem Motto „Der Chef will es halt so“ können sie das nicht verhindern. Immer wieder ist dies bei eigentümergeführten Unternehmen zu beobachten, in welchen Firmeninhaber nach Feldherrenart das Zepter schwingen. Hier kann man als Dienstleister nur noch hoffen, dass ein solches Projekt nicht die Existenz gefährdet.

Die obigen Probleme sind nicht neu. Deshalb gibt es viele Lösungsversuche. Im Folgenden werden die in der Praxis häufig zu beobachtenden Vorgehensweisen diskutiert.

2. Kundenfeedback-Management in der Praxis

Detaillierte Projektplanung

Der klassische Reflex ist der Ruf nach einem detaillierten Plan. Ein guter Projektplan ist bereits Teil der vertraglichen Vereinbarung und beinhaltet auch die Regelung des Kundenfeedbacks: In der Regel sind die Abnahmeschritte definiert. Hier ist auch festgehalten, auf welcher Hierarchiestufe Feedback des Kunden erforderlich ist. So bekommt der Kunde die Gelegenheit frühzeitig Entscheider höherer Ebenen einzubinden, falls erforderlich. Für diese benötigt man viel Vorlauf, weil sie meistens nicht kurzfristig verfügbar sind. Auf diese Art und Weise lässt sich auch ein potenzieller Supervisor (siehe den oben beschriebenen Katastrophenfall) abfangen, wenn auch nur bedingt.

Da wo ein Supervisor eingreifen kann, schützen auch Projektpläne nicht. Die Erfahrung zeigt, dass Supervisor wohlwollend Pläne ihrer Teams zur Kenntnis nehmen (nach dem Motto: „Brav. Das habt Ihr schön gemacht“), um sich später einfach darüber hinwegzusetzen.

Wie bewerten wir also eine detaillierte Planung als Mittel zum Management von Projekt-Feedback? Kaum jemand würde sich trauen, die Berechtigung der Forderung einer professionellen, detaillierten Planung in Frage zu stellen. Wie heißt es so schön: „Wer nicht plant, plant sein Versagen“ (mit diesem Slogan wirbt LinkedIn schon seit Jahren). Aber umgekehrt sagt ein morgenländisches Sprichwort „Die Planer planen, das Leben lacht“. Was nun?

Bei allem Respekt vor professioneller Planung gilt es eines zu bedenken: Die Firmenkultur auf Kundenseite ist der entscheidende Faktor, wie schon viele Strategie-Vordenker erkannt haben. Die Kraft der Unternehmenskultur hat Peter Drucker besonders prägnant zusammengefasst: „culture eats strategy for breakfast“. Und diese unbändige Kraft der Kultur wirkt auch hier: Ein Kunde mit einer Kultur, die zu oben beschriebenen gefährlichen Feedback-Formen neigt, kann in der Regel auch keinen Plan einhalten. In diesem Fall wird sehr viel Arbeit in die Planung investiert, aber das Problem wird nicht gelöst. Oft wird das Problem verschlimmert, da neben dem Mehraufwand für die Planungsarbeit auch noch der Aufwand für die Planung zu Buche schlägt.

Immerhin schafft man mit Detailplänen eine objektivierte Grundlage, die dann bei den Streitigkeiten hilft. Aber dieser Wert ist allenfalls eine Rückfallposition, denn das vorrangige Ziel ist, das Kundenfeedback zu managen, so dass Streitigkeiten vermieden werden.

 

Anerkannte Methoden, Tools und Frameworks (z. B. Scrum)

Aufgrund ihrer Bedeutung erscheinen sie hier als eigener Punkt. Viele Verfahren wie Scrum haben das Thema in ihrer Gesamtmethodik bereits geregelt. Ist es daher ein guter Weg, sich im Vorfeld auf eine bestimmte Methodik zu einigen?

Als Antwort auf diese Frage sind die Abwägungen aus dem vorangegangenen Abschnitt analog zu verstehen: Die Firmenkultur des Kunden ist die entscheidende Determinante für dessen Feedback-Kultur. Neigt diese zu den nachteiligen Formen von Feedbackschleifen, so werden die Projektbeteiligten auch einen Weg finden, diese Vorgehensweise in Modellen wie Scrum zu verpacken.

 

Vereinbarung einer festen Anzahl „freier“ Feedbackschleifen

Viele Freiberufler folgen einer einfachen Regel: Man setzt von vornherein ein branchenübliches Limit und reguliert die Kosten, wenn das Maß überschritten wird. Beispiel: Der Kunde eines Grafikers erhält eine oder zwei Feedbackschleifen im angebotenen Preis inklusive. Werden mehr Abstimmungen nötigt, wird entweder nach Aufwand oder nach fixen Vereinbarungen nachberechnet.

Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass sie die Brisanz des Themas schon einmal auf den Tisch bringt. Auch diszipliniert sie den Kunden, weil dieser manchmal davon ausgeht, dass er unbegrenzt Feedback liefern darf, um seine Wünsche zu formulieren (oft zu beobachten bei Kunden, die Marketingprojekte zum ersten Mal angehen). Diese Vorgehensweise wirkt jedoch nicht besonders kundenfreundlich und macht einen rigorosen Eindruck. Oft bringt sie auch nur mittelprächtige Projektergebnisse hervor:

Manche Dienstleister bringen nur oberflächlich verbesserte Zwischenschritte hervor. So sind die „freien Korrekturschleifen“ schnell aufgebraucht für Verbesserungsschritte, die der Kunde als selbstverständlich erachten kann. Hier ist Unzufriedenheit auf Kundenseite vorprogrammiert. Der Kunden verliert bei dieser Vorgehensweise schnell die Freude am Projekt – im Wiederholungsfall verliert er auch die emotionale Bindung zum Dienstleister. Nach mehreren Projekten dieser Art sehen sich Kunden nach einem neuen Marketingpartner um, weil der bestehende „wenig kundenfreundlich“ ist.

 

Verständnis auf gegenseitige Rücksichtnahme

Werden Verträge geschlossen, so gibt es manchmal Passagen, die die Absicht formulieren, dass sich beide Vertragsparteien in gewissen Streitigkeiten „gütlich“ einigen wollen. Man fragt sich, was derartige Floskeln in einem Vertrag zu suchen haben? Schließlich wird in diesen Passagen außer einem guten Willen nichts festgelegt.

Blickt man nicht so streng auf diese Regelung, so kann man ihr den Wert abgewinnen, dass sie die Problematik eines Sachverhalts zumindest adressiert, obwohl (z. B. aufgrund eines hohen Aufwands bei komplexen Sachverhalten) auf eine inhaltliche vertragliche Regelung zum Zeitpunkt der Vertragsschließung verzichtet wird.

Übertragen auf die Problematik der Feedback-Schleifen bei Marketingprojekten bedeutet dies, dass man bei Projektbeginn die Problematik ansprechen kann und dann beobachtet, wie sich das Projekt entwickelt. Im negativen Fall kann man Maßnahmen ergreifen und sich zumindest dann darauf berufen, dass die Vorgehensweise so von Anfang an gewollt und vereinbart war.

Dies ist eine einfache Alternative und erzielt mit nur wenig Aufwand exzellente Projektergebnisse und verhindert gleichzeitig „bedrohliche Fälle“. Aber es ist wie beim eingangs angeführten Vergleichsfall aus dem juristischen Kontext eine schwache Vereinbarung, die schnell zum Spielball der Auslegung und der individuellen Charaktere der Projektbeteiligten wird.

 

3. Kundenfeedback managen: unsere Empfehlung

Aus unserer jahrzehntelangen Erfahrung als Marketingdienstleister hat sich eine Vorgehensweise herauskristallisiert, die sich immer bewährt hat. Hier eine kleine Mini-Anleitung:

  1. Bedeutung für den Projekterfolg klären: Es ist wichtig, gerade bei neuen Kunden, im Vorfeld von Projekten über die Bedeutung des Themas zu sprechen. Der Kunde muss verstehen, welche aufwandsseitigen Konsequenzen seine Feedbackschleifen auf Dienstleisterseite auslösen.
  2. Kundenpräferenz für Feedback ermitteln: Ein Kunde kennt seine Firmenkultur am besten. Daher sollte man die verschiedenen Regelungen sowie Vor- und Nachteile besprechen. Dies sensibilisiert beide Seiten weiter für das Thema und sorgt dafür, dass Kundenorientierung schon vor dem Projektbeginn tatsächlich gelebt wird.
  3. Flexibel bleiben: Geraten laufende Projekte aufgrund des Feedbackverhaltens in eine Schieflage, so ist es manchmal sinnvoll, die Vorgehensweise zu ändern. Wenn man Schritt (1) und (2) berücksichtigt hat, dann hat man mit dem Kunden eine gemeinsame Basis als fruchtbaren Nährboden für weitere Diskussionen und Entscheidungen.

4. Fazit

Wie man den Kunden bei Projekten einbindet, bleibt für den Dienstleister ein zentraler Faktor für den Projekterfolg. Schreibt also eine Marketingagentur (oder andere Dienstleister wie IT-Dienstleister oder Designer) in die Leistungsbeschreibung ihrer Website Passagen wie „gemeinsam entwickeln wir mit Ihnen Konzepte, die wir Seite an Seite in die Tat umsetzen“, dann sollte dies konsequent angewendet und gemeinsam erarbeitet werden, wie man sich während des Projekts austauscht.

Auch auf der Kundenseite ist es ein zu wichtiger Erfolgsfaktor, um sich einfach auf den Verweis „der Kunde ist König“ alle Freiheiten zu nehmen. Denn die Komplexität der Thematik Feedbackkultur beschwört so viele Risikofaktoren herauf, dass Projekte selbst bei besten Absichten der Dienstleister suboptimale Ergebnisse hervorbringen können.

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Kommentare

    1. Autor

      Danke! Ja, das (Business)-Leben bringt einen Lektionen bei, die man so nirgends nachlesen kann.

  1. Kundenfeedback ist sehr wichtig und sollte als wichtiger Baustein im Ideenmanagement und im Fehlermanagement betrachtet werden. Jedoch sollten davon nicht die Prozesse leiden.

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