Aikido Marketing: Wenn andere Ihre Marketingenergie für sich nutzen
Kennt Ihr das? Eure Google-Anzeige ist endlich nach vielen Detailarbeiten geschaltet. Man wartet gespannt, wie ein Angler der seinen Köder in das stille Wasser wirft. Die Aufregung ist groß.
Und tatsächlich bekommt man den ersten Anruf. Hurra! Das ging ja schnell. Aber dann stellt sich heraus, dass dieser jemand aber nichts von Dir will. Er möchte Dir vielmehr dabei helfen, Deine Google Ads „professionell“ zu schalten. Denn irgendeine Analyse mit irgendeinem seiner Tools hat ergeben, dass Deine Texte suboptimal sind. Betretenes Schweigen. Dann rufen aber noch andere an. Die einen wollen den Algorithmus optimieren. Wieder andere sagen, Google Ads macht man eh nicht mehr. Man soll doch lieber in SEO investieren usw.
So langsam macht sich Unmut bei einem selbst breit. Und bei vielen Anfängern überwiegt sogar die Unsicherheit. Wenn so viele anrufen, die sagen, dass etwas schlecht ist und andererseits keine Kunden (was gewünscht war), dann stimmt ja wohl etwas nicht. Dann kommt Google noch um die Ecke und weist einen Optimierungsfaktor weit weg von 100% aus und hat viele Vorschläge, was man verbessern kann. Profis wissen, dass die Vorschläge vor allem dazu dienen, dass Google mehr Geld verdient. Aber Anfänger sind nun total verunsichert. Wenn auch noch der „Support“ von Google sich schnell meldet, um zu helfen, dann kann das schnell ganz in die falsche Richtung gehen.
In der Summe muss man „lästige“ Anfragen abwehren, Kunden sind keine in Sicht und man weiß nicht, ob man alles richtig gemacht hat. Und die Ausgaben laufen unerbittlich weiter.
Was war das? Man ist „Opfer“ eines Aikido-Marketingmeisters geworden.
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Was ist Aikido-Marketing?
Vorweg: Hier geht es nicht um Vermarktung asiatischer Kampfkunst. Und Ihr habt auch nichts verpasst: Aikido-Marketing wird man wahrscheinlich nur hier auf diesem Blog lesen. Das Marketing erfindet ja ständig neue Disziplinen und hat immer neue Buzzwords. Aber Aikido-Marketing ist einfach nur eine spontane Wortkreation, um das dahinterliegende Phänomen griffig zu beschreiben.
Weshalb eigentlich Aikido? Weil Aikido unter vielen Kampfkünsten diejenige ist, die dafür bekannt ist, primär die Energie des Gegners so zu lenken, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
Und genau das passiert hier: Man investiert Energie in eine Marketingaktion. Man verwendet Geld, arbeitet hart und beauftragt Dienstleister. Und diese Energie sehen viele und nutzen sie für sich selbst – um einem selbst etwas zu verkaufen.
Beispiele für Aikido-Marketing
Hier nur einige Beispiele, beginnend mit dem oben schon erwähnten Google Ads:
- Google Ads / Social Ads: Hier gibt es sehr viele Ansatzpunkte für alle möglichen Aikido-Marketingspezialisten: Man erhält Angebote für die Planung und Schaltung der Ads generell, Angebote für die Erstellung der Creatives und natürlich Angebote, es doch mit etwas ganz anderem zu versuchen.
- Ein Mailing geht raus. Man wird von Textern kontaktiert, die einem Tipps geben wollen, wie man bessere Texte verfasst.
- Website-Relaunch-Meldung: Nach monatelanger Mühe geht die neue Website erst einmal online. Verkündet man dies z. B. auf LinkedIn, bekommt man neben dem Lob von Gutgesinnten schnell von Usability-Evangelisten eine Gratulation zur neuen Website, aber verbunden mit dem Hinweis, dass die Website ja nicht nur toll aussehen soll, sondern auch Conversion bringen muss. Und da könnten die Ux-Experten helfen.
- SEO: SEO ist ein Dauerbrenner. Hierfür bedarf es eigentlich gar keiner Meldung, denn den Hinweis auf die Notwendigkeit auf Suchmaschinentauglichkeit erhält man ja täglich. Aber bei einer neuen Website ist das natürlich besonders wichtig. Die neue Website ist ja überhaupt nicht „Google-optimiert“. Das muss man auf jeden Fall ändern.
- „Klassische“ Print-Anzeigen: Wer denkt, dass sich das Aikido-Marketing vor allem auf digitalen Marketingkanälen anwenden lässt, irrt. Schon immer riefen aufwändige Werbeanzeigen, die in renommierten Magazinen richtig viel Geld gekostet haben, als erstes Agenturen auf den Plan, die bei Kreativität, Gestaltung und Grafik weiterhelfen wollten. Ach ja, eigentlich bräuchte man ja auch ein neues CI ….
- Messen und Veranstaltungen: Um in der traditionellen Marketingwelt zu bleiben – Messen waren schon immer der zentrale Anziehungspunkt von Aikido-Marketing-Meistern. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich als frisch gebackener Marketingvorstand meinen damaligen Arbeitgeber überzeugt hatte, richtig viel in einen Messestand zu investieren. Das taten wir dann auch. Wir hatten dann – gerade unter Branchengesichtspunkten – den mit Abstand auffälligsten, hochwertigsten und schönsten Messestand. Als die Messe begann, standen wir mit unseren Anzügen herum und waren voller Vorfreude und positiver Spannung. Ähnlich wie jemand, der, wie eingangs beschrieben, die Google Ads-Anzeige nun live geschaltet hat. Auch hier lässt sich der Vergleich mit der Angel anwenden: Man guckt auf einen ruhigen See auf den Köder. Und auch bei uns damals auf dem Messestand kam gleich in der Früh jemand, der sich eine halbe Stunde über unser (eher langweiliges) IT-Geschäft interessiert hat und auch aus der „Branche“ kam. Juhu, der aufwändige Messestand, für den ich in der Kritik stand, scheint der richtige Weg zu sein. Doch dann stellte sich nach einem intensiven Gespräch heraus, dass mein Gesprächspartner die Seiten gewechselt hat und nicht mehr auf der Kundenseite ist, sondern nun als selbständiger Berater was machen will? Richtig, er möchte Unternehmen beraten, wie sie ihren Messestand besser machen! Uns beraten, den Messestand zu verbessern? Bitte nicht, nicht nach der Vorgeschichte ….
Der beste Umgang mit Aikido-Marketing ist Vorfreude
Zugegeben, die oben beschriebenen Mechanismen können diejenigen, die Marketingaktionen starten, frustrieren. Aber das müssen sie nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht. Es sind absolut positive Vorzeichen. Wenn man verstärktes Interesse seitens Aikido-Marketingexperten registriert, dann hat sich im Vergleich zum vorhergehenden Zustand schon einiges getan. Man ist auf Dich aufmerksam geworden! Du kannst davon ausgehen, dass auch andere auf Dich aufmerksam geworden sind. Sie sind eben nur nicht so schnell wie die Aikido-Marketeers. Das liegt in der Natur der Sache: Ihr Aktivierungsgrad ist weitaus geringer, denn sie müssen ja für Deine Leistung Geld ausgeben und viele brauchen Deine Leistung erst einmal nicht. Aber sie kommen dann auch als Reaktion auf Dein Marketing. Versprochen! Das habe ich bei uns, bei all den Unternehmen, bei denen ich beschäftigt war, und bei all unseren Kunden erlebt.
Also: Nicht ärgern oder frustriert sein über „Aikido-Marketingangriffe“. Sie sind Vorboten Deines baldigen Erfolgs!
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