Metaverse: H&M eröffnet den Wettlauf von Unternehmen in die virtuelle Welt

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© knssr / AdobeStock

Das Metaverse beziehungsweise Virtual Reality im Allgemeinen sind eine Herzensangelegenheit von Mark Zuckerberg. Aktuell erntet er mit seinen Aussagen zum Metaversum aber vor allem Kritik. Die visionäre Kraft des zukunftsweisenden Vorhabens wird zwar gesehen, aber von allen Seiten werden eher die negativen Aspekte betont und Zuckerberg sieht sich ordentlichem Gegenwind gegenüber. Von Verzweiflungstat, einem Ablenkungsmanöver von den täglichen Facebook-Problemen oder Liebhaberei wird gesprochen.

Zuckerberg dürfte es gelassen sehen, er hat immer betont, dass es sich um ein Projekt mit sehr langfristigem Charakter handelt. Wir sind der Meinung, dass Zuckerberg kurzfristig starken Rückenwind bekommen könnte – und zwar aus der Marketingpraxis. Während die Virtual-Reality-Experten und Zukunftsforscher debattieren, ob aus dem Metaverse ein Rohrkrepierer oder ein weltveränderndes Projekt wird, werden in der Praxis bereits Fakten geschaffen. Der Grund ist die unendliche Gier von Unternehmen, jede Gelegenheit zu nutzen, um Innovationskraft zu demonstrieren. 

Dabei sind es vor allem die „Love Brands“, die ganz großen Unternehmen, für die es hier viel zu gewinnen und wenig zu verlieren gibt. Sie gehen tatsächlich kein Risiko ein, wenn sie sich früh beteiligen. Da H&M als erstes Weltunternehmen eine Präsenz eröffnet hat, sind die anderen im Zugzwang. Sie werden daher sicher sehr bald nachziehen.

Im Folgenden erfahren Sie mehr über diesen Mechanismus.

Metaverse ist für große Unternehmen aktuell ein gewaltiger PR-Hebel 

Kennen Sie „making-of-movies“? Hier werden Filme darüber gedreht, wie ein Film gedreht wird. Was hat das mit der nächsten Form der Trendnutzung zu tun? Genau, analog den „making-of-movies“ kann man als Unternehmen auch darüber berichten, wenn man als „First Mover“ an einem Marketingtrend partizipiert. Hat man eine stabile PR, so lassen sich für manche Unternehmen mühelos Veröffentlichungen erzielen. Man rennt offene Türen ein, denn die Medien beschäftigen sich in diesen Phasen ebenfalls mit den vermeintlich neuen Trends.

Während kleinere Unternehmen schon vorher kalkulieren müssen, ob es sich bei dem jeweiligen Trend um einen nachhaltigen handelt oder nur um ein Strohfeuer, haben es die großen Love Brands einfacher: Denn sind sie früh genug dran, gewinnen sie immer. Ihren Erfolg sichern unter anderem folgende Faktoren: Große und treue Communities, eine starke PR und starke Marke (verstärkt wiederum die PR), die am Ende sogar die neue Marketingplattform stützen kann („Nike ist auf Instagram“, „Mercedes ist auf LinkedIn“ usw.).

Auch aus organisatorischer Sicht sind sie perfekt aufgestellt. Sie verfügen über eine Heerschar an Praktikanten und Diplomanden, die sich neuer, innovativer Themen mit Kusshand annehmen, ohne hohe Kosten oder lange Diskussionen zu verursachen. Hinzu kommt: Love Brands sind markengetrieben. Sie gewinnen mit der PR für ihre Marke so viel, dass es egal ist, ob der Marketingtrend am Ende verpufft. Der alte PR-Spruch „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern“ verdeutlicht dies. Niemand muss befürchten, an den Pranger gestellt zu werden, weil er zu schnell einem Trend nachgelaufen ist. Die Community ist hier sehr tolerant.

Diejenigen, die schon länger den Markt für 3D-Internet beziehungsweise den Virtual-Reality-Markt verfolgen, fühlten sich an Second Life erinnert, als die ersten Bilder vom Metaverse in den Nachrichten zu sehen waren. Second Life liegt schon eine Weile zurück (2007) und war lange vor dem Web 2.0 (2010) für eine kurze Zeit in aller Munde.

Es handelte sich um eine 3D-Internet-Welt, in der man sein Leben derart führen konnte, wie es einem in der Realität vielleicht nicht möglich war. Man konnte beispielsweise Grund und Boden kaufen oder Handel treiben und hatte vielfältige Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Bewohnern des Second Life. Es gab sogar eine eigene Währung. Verdiente man in dieser Parallelwelt Geld, so konnte man es sogar umtauschen. Für Anwälte und Steuerberater war es zu der Zeit ein interessantes und teils profitables Betätigungsfeld.

Den Startschuss für die öffentliche Wahrnehmung gab ein großer Bericht in DER SPIEGEL. Der Tenor war: Wer noch tatenlos herumsitzt, ist selbst schuld. Aktuell wird an einer neuen Welt gebaut. Sogar zur Primetime gab es Berichterstattung, wie unter anderem in den Tagesthemen. Es war ein gigantischer Hype, auf den Marketer nicht schnell genug aufspringen konnten. Von BMW über Mercedes Benz oder Red Bull – viele der bekannten Marken waren dort bald vertreten. Die Berichterstattung in den Medien überschlug sich und die Unternehmen erzielten Traum-Reichweiten. Das Investment zahlte sich für sie um ein Vielfaches aus.

Doch dann tauchten plötzlich Berichte über kinderpornografische Inhalte auf. Dies und andere (auch technologische) Probleme führten dazu, dass Second Life schneller von der Bildfläche verschwand als vorweg vermutet. Viele kleinere Unternehmen hatten gerade erst investiert. Deren Engagement war somit verpufft. Doch wie sah das bei den Love Brands aus? Sie hatten umfangreiche PR schon längst auf ihrer Habenseite verbucht. Niemand schien es zu stören, dass sie das Strohfeuer nicht erkannt hatten. Niemanden machte ihnen Vorhaltungen. Auch aus den eigenen Reihen kam keine Kritik.

Metaverse für Image und Markenaufladung nutzen

Innovation ist neben Kundenzentrierung und Digitalisierung einer der Haupttreiber für den seit Jahren stattfindenden schnellen Wandel. In gesättigten Märkten ist Innovation sogar der entscheidende Hebel, um sich vom Rest des Marktes zu differenzieren. Also nutzen Unternehmen fast jede sich ihnen bietende Möglichkeit, um ihre Innovationsfähigkeit zu demonstrieren. In neuen Communities dabei zu sein, oder angesagte Kanäle für die Kommunikation zu nutzen, ist nur ein Mosaikstein, den viele Marketer für sich entdeckt haben. Das Kalkül: Content ist zwar King, aber manchmal kommt es weniger darauf an was man kommuniziert, sondern welchen Kanal man für seine Botschaften wählt.

Ein aktuelles Beispiel für diesen Mechanismus ist Clubhouse. Hier galt es ebenfalls zu prüfen, inwieweit es die Marketing-Welt verändern könnte. Als für viele Unternehmen absehbar war, dass dies nicht passieren würde, wurde nur über die anderen Social-Media- oder Unternehmens-Kanäle kommuniziert, dass man auch auf Clubhouse präsent ist.

Fazit

„Metaverse: Rohrkrepierer oder Zukunft?“ – Artikel mit Titeln wie diesen, werden wir in Zukunft häufig zu lesen bekommen. Wie es ausgeht, ist eine spannende Frage. Denn für die Marketing- und PR-Praxis – gerade von großen Unternehmen – steht fest: Der Ausgang ist gar nicht so relevant. Entscheidend ist, dass es für viele jetzt schon genug Anreize gibt, dabei zu sein.

Die Erfahrung über den Umgang mit Marketingtrends belegt es immer wieder, dass selbst in Fällen, in welchen sich ein Trend als kurzer Hype erweist, diejenigen gewinnen, die eine geschickte PR-Welle damit erzeugen. Und das geht nur in einem bestimmten Zeitfenster. Das Zeitfenster für das Metaverse hat sich durch die Präsenz von H&M soeben geöffnet.

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