PR 3.0 – Das Metaversum ruft

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Die Big Player der Technologiebranche stehen bereits in den Startlöchern, um das Metaversum im großen Stil Realität werden zu lassen. Wer es also für reine Spinnerei hält und mit NFT (Non-Fungible Token) eher eine Zeitzone assoziiert, der könnte bald den Anschluss an die nächste technische Revolution verloren haben, die auch die Kommunikationsbranche in manchen Teilen schon jetzt in Atem hält.

Die kommende technologische Disruption in Form des Metaversums, beziehungsweise eingangs einzelnen Metaversen, bietet Marken neue Chancen der Zielgruppenansprache. Daher müssen sich Kommunikatoren schon heute mit den Möglichkeiten und Herausforderungen der virtuellen Welt auseinandersetzen. Eine neue Ebene muss künftig in PR-Strategien mitgedacht werden – und eine neue Form der Zusammenarbeit wird nötig sein.

 

1. PR muss sich nicht komplett neu erfinden

Kommunikatoren machen das, was sie am besten können – auch im Metaverse

Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie leben wir in einer hybriden Welt, die sich aus Online- und Offline-Erlebnissen zusammensetzt. Dementsprechend mussten auch Marketing und PR ihre Strategien anpassen und die Zielgruppen überall dort abholen, wo sie sich aufhalten. Kein Neuland für erfahrene Kommunikatoren, die bereits mit dem Web 2.0 wesentliche Änderungen in der Ansprache von Journalisten und anderen Stakeholdern erfahren und ihre Arbeitsweise adaptiert haben. Ähnlich wird dies nun im Metaverse der Fall sein, wo die Interaktion mit potenziellen Zielgruppen rein virtuell, aber auch immersiv wird.

Man kann sich das Metaversum als komplementäre Realität vorstellen, beziehungsweise als Konvergenz aus physischer und digitaler Welt. Es wird somit verändern, wie Menschen miteinander, aber auch mit Marken interagieren. Die Grundlagen der PR, zu der auch das Verständnis psychografischer, demografischer und geografischer Zielgruppen-Spezifika gehören, werden aber nicht automatisch außer Kraft gesetzt. Es gelten ähnliche Mechanismen wie in der „realen Kommunikation“ und dies können sich PR-Profis zunutze machen.

Wer die Gaming-Welt versteht, findet sich künftig im Metaversum besser zurecht

Wer bereits mit der Gaming-Branche zu tun hat, oder sei es nur, sich aufgrund der privaten Nutzung einschlägiger Spiele ein wenig in der Szene auskennt, hat einen klaren Vorteil für den Umgang mit dem Metaverse. Zum einen aufgrund des Grundverständnisses für die Möglichkeiten, die sich für Marken in virtuellen Welten bieten. Zum anderen hat man bereits ein Gespür für die Art der Kommunikation erworben, die sich von der in der realen Welt unterscheidet. Auch wenn das Metaverse „offener“ gestaltet werden soll als so manche Gaming-Welt und man sich damit beispielsweise nicht erst mit einem speziellen „Gamer-Slang“ vertraut machen muss, wird es doch kommunikative Unterschiede geben. Vergleichbar mit Social Media, wo beispielsweise der Umgangston – je nach Plattform – weniger förmlich ist.

Von Kommunikatoren aus der Gaming-Branche und ihren Use Cases kann man schon jetzt einiges lernen. Dies lässt sich später auf Aktivitäten im Metaversum übertragen. Wer aber mit Gaming bisher nichts am Hut hatte, muss nicht die Flinte ins Korn werfen, denn auch altbekannte Tools und einschlägige PR-Aktivitäten können im Metaverse Anwendung finden.

Quelle: Studie von Wunderman Thompson mit 2.000 Befragten in Großbritannien, 2021.

 

2. Welche Möglichkeiten bieten sich PR-Profis im Metaversum?

PR-Aktivitäten im Metaversum – Business as usual?

Eines ist klar: Kommunikatoren müssen das Metaversum strategisch nutzen, um mit ihren Stakeholdern in Kontakt treten zu können. In diesem noch sehr frühen Stadium des Metaversums stehen hinsichtlich der Kommunikationsmöglichkeiten noch alle Wege offen. Kreativität ist mehr denn je gefragt, da hier neue Wege beschritten werden. Damit eröffnet sich eine völlig neue PR-Welt mit unzähligen Möglichkeiten. Von Unternehmen werden daher einzigartige Ideen erwartet. Denn die Zielgruppen müssen bei der Stange gehalten werden – integrierte Kommunikation ist somit unerlässlich.

Auch, wenn sich PR-Profis erst einmal auf neuem Terrain bewegen, sind die Regeln der Kommunikation in der virtuellen Welt nicht außer Kraft gesetzt. Das bedeutet, dass PR-Aktivitäten aus der physischen Welt durchaus übertragbar sind. Man sollte nur bedenken, dass die (Kunden-)Anforderungen in der virtuellen Welt – wo quasi alles möglich ist – deutlich höher sind.

Beispielsweise können und wollen sich User im Metaversum andere Konsumgüter leisten. Hat man also Personas definiert, welche man aufgrund ihres Durchschnittseinkommens mit bestimmten Konsumgütern im Ladengeschäft oder Onlineshop nicht adressieren würde, verliert man im Metaversum potenzielle Kundschaft. Sie wären, unter anderem mittels NFTs durchaus gewillt ihren Avatar anders auszustatten. Luxusgüter sind ihnen in der virtuellen Welt nicht per se vorenthalten. Zielgruppensegmentierung muss somit neu gedacht werden: Eine einfache Blaupause der realen Zielgruppen ist nicht immer anwendbar.

Erfolgreiche Markenkommunikation: PR-Tools im Metaversum

Doch welcher bekannten Tools können sich Kommunikationsprofis weiterhin bedienen? Hier scheint es bereits einen gewissen Konsens in der PR-Branche zu geben. Die nachfolgenden Aspekte sind aus unserer Sicht die relevantesten.

 

1. Storytelling auf einem neuen Level

Themen zu generieren und interessante Geschichten zu erzählen wird auch in Zeiten des Metaverse für PR-Experten zum Alltag gehören. Ob für NFTs oder weitere digitale Produkte und Features, individuelle Ideen für spannende Stories werden ein fester Bestandteil der PR-Klaviatur sein. Die Kraft des Geschichtenerzählens wird genutzt, um virtuelle Netzwerke aufzubauen und User zur Interaktion mit einer Marke zu bewegen. Dabei gilt es Erlebnisse zu kreieren, die möglichst einzigartig sind und die Nutzer bei den virtuellen Markeninhalten verweilen lassen.

Ergänzend ergibt sich folgender Vorteil: Über die Interaktionen dürften detailliertere User-Daten zur Verfügung stehen, die helfen Kampagnen zu optimieren oder sogar das Produkt- und Dienstleistungsportfolio anzupassen. Dies wird für Marketer umso relevanter sein, da sie aufgrund ihrer Nähe zu Sales noch mehr KPIs berücksichtigen müssen.

 

2. Pressearbeit hat weiterhin Relevanz

Die klassische Pressearbeit muss in den Anfängen des Metaversums nicht gleich an den Nagel gehängt werden. Egal ob man anfänglich über die ersten Projekte in der virtuellen Welt per Pressemitteilung informiert, ergänzt um ein Video, das diese direkt veranschaulicht – oder die Presse zu einer Veranstaltung einlädt und sie mit VR-Brillen selbst eine unmittelbare Erfahrung machen lässt. Schließlich müssen auch Journalisten erst damit warm werden und es ist nicht davon auszugehen, dass die üblichen Kommunikationswege, wie E-Mail, ausgedient haben und vollständig durch Konversationen in der digitalen Welt ersetzt werden. Dies wäre eher eine Entwicklung, die bei der direkten Kundenansprache im Auge behalten werden muss. Denn schon durch Social Media mussten die bisher klassischen Kommunikationswege Federn lassen.

Klar ist auch, dass noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten sein wird und Berührungsängste genommen werden müssen. Ebenso, dass das Metaversum und seine Teilnehmer immer wieder auf Kritiker stoßen werden – sei es unter anderem im Hinblick auf Sicherheits- oder gar ethische Bedenken.

Die Pressearbeit wird sich auch in Bezug auf das Metaversum weiterhin branchenabhängig unterschiedlich entwickeln. Tech-Journalisten werden einen anderen Zugang zu dem Thema und andere Begeisterungsfähigkeit bezüglich seiner Möglichkeiten haben als beispielsweise Journalisten aus dem Medizinumfeld. Dass die B2C-Branche Vorteile hinsichtlich der Möglichkeiten und des Interesses am Engagement ihrer Marken im Metaversum haben wird, ist ebenfalls abzusehen. B2B-Unternehmen werden hier eigene Wege beschreiten müssen, um den Mehrwert für ihre Kunden der Presse zu vermitteln.

 

 3. Kooperationen stiften hohen Mehrwert

Das Wettbewerbsumfeld wird für viele Marken im Metaversum unübersichtlicher und internationaler. Daher lohnt es sich Kooperationen mit Unternehmen in Betracht zu ziehen, mit welchen man Visionen und Werte teilt. Diese Synergien, die gerade B2C-Unternehmen bereits in der physischen Welt gerne praktizieren, lassen sich auch in der virtuellen Welt schaffen. Selbst für B2B-Unternehmen bieten sich viele Möglichkeiten, um ihren Kunden ein umfassenderes Markenerlebnis zu bieten. Zudem darf man nicht vergessen, dass sich viele Unternehmen eingangs im Metaversum in unsicherem Fahrwasser bewegen werden. Hier können Partnerschaften helfen, um voneinander zu lernen und gemeinsam das nötige Kunden-Engagement zu schaffen, stabil zu halten und letztlich auszubauen.

Bereits bestehende Kooperationen sollten daher in das Metaversum übertragen werden, um für Kunden, Interessenten und Verbraucher ein durchgängiges Markenerlebnis und neue Touchpoints zu schaffen. Auch die Zusammenarbeit mit (Corporate) Influencern sollte analog in der virtuellen Welt stattfinden. Der Vorteil, der sich – wie auch bei Social Media – bietet, wäre zudem der Einsatz von virtuellen Influencern. Dieses Konzept dürfte aber vorerst für B2C-Marken von Relevanz sein, wie Mode- oder Kosmetikfirmen.

Welche ungewöhnlichen Kooperationen die virtuelle Welt hervorbringen kann, zeigt das Beispiel der Luxusmodemarke Balenciaga, die im Herbst 2021 eine „Fortnite X Balenciaga“-Kollektion herausgebracht hat. Aus den Charakteren des Koop-Survival-Shooters wurden „Models“, die mit den Stücken der Kollektion eingekleidet werden konnten. Vom Laufsteg in ein Shooter-Game? Das hätte früher noch als Aprilscherz durchgehen können, veranschaulicht aber ganz gut, wie viele neue interessante Partnerschaften in der virtuellen Welt entstehen können, wenn man sich traut über den üblichen Erwartungshorizont hinauszudenken und neue Zielgruppen zu erschließen.

 

4. Klassische Produkt-PR erwartet neue Perspektiven

Unternehmen, deren „Produkt“ eine Dienstleistung oder Software ist, sehen sich bei der Kommunikation im Metaversum anderen Herausforderungen gegenüber wie Marken, bei welchen konkrete Hardware im Fokus steht. Die klassische Produkt-PR kann weiterhin in der physischen Welt fortgesetzt werden (zum Beispiel Teststellungen von einem neuen Notebook für Computermagazine und -portale sowie IT-Blogger und Influencer). In der virtuellen Welt ergeben sich ergänzend völlig neue Möglichkeiten die eigenen Produkte für Journalisten, Influencer und Kunden erlebbar und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dort kann man immer noch eine Schippe drauflegen und Kampagnen realisieren, die sonst zu aufwendig oder schwer umsetzbar gewesen wären. Beispielsweise müssen für die Wahl einer besonderen Eventlocation in einem öffentlichen Raum nicht erst diverse Genehmigungen eingeholt oder offizielle Sperrstunden sowie Nachtruhen einkalkuliert werden.

Digitale Versionen von Produkten unter die Leute zu bringen, wird perspektivisch einen großen Mehrwert stiften: für Marken und Kunden. Die Interaktion mit Usern kann, ähnlich wie bei Social Media, unmittelbar erfolgen. Ein intensiver Austausch ist auch bereits in der Produktentwicklung möglich. Teure Marktforschungsumfragen könnten an dieser Stelle potenziell substituiert werden. Generell kann das User Engagement erhöht und damit die Markenbekanntheit gesteigert werden.

 

 5. Integrierte Kommunikation wird wichtiger denn je

PR-Profis und Marketing Professionals, die schon jetzt mit der wachsenden Zahl von Kommunikationskanälen hadern, erwartet im Metaversum eine neue Spielwiese und – neben vielen Chancen – einige Herausforderungen. Alleingänge in PR oder Marketing wären hier erst recht eine Verschwendung von internen Ressourcen und Budget – ein integrierter Kommunikationsansatz damit unerlässlich. Das, was auf Unternehmen im Metaversum wartet, kann nur mit vereinten Kräften erreicht werden.

Anfangs werden die Gestaltung und Programmierung von virtuellen Kampagnen oder einzelnen Aktivitäten nicht nur zeitaufwendig, sondern sicher auch kostenintensiv werden. Bis eine Basis geschaffen wurde, auf der man im Folgenden aufbauen kann. Wenn jede Abteilung ihr eigenes Süppchen kocht, erzeugt das doppelte Kosten und ein unnötig hohes Zeitinvestment. Das sollte also unbedingt vermieden werden.

Das lässt sich auch übergeordnet am Beispiel des digitalen Reputationsmanagements ableiten: dies wird komplexer und das Monitoring aufwendiger. Eine Lernkurve beim Online Reputation Management wird nicht ausbleiben, daher müssen hier alle Abteilungen an einem Strang ziehen.

3. Metaversum fordert interdisziplinäres Teamwork

Alte Teamstrukturen bald überholt?

Wie bereits erläutert, wird der Erfolg einer Marke im Metaversum auch von der internen Zusammenarbeit der unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen abhängen. Ohne einen integrierten Kommunikationsansatz, versenkt man im besten Fall nur Budget, im schlimmsten Fall schadet man dem einheitlichen Branding. Vielmehr wird mit dem Metaversum ein neues Kommunikationszeitalter anbrechen, das interdisziplinäres Teamwork erfordert. Denn die wenigsten PR-Professionals verfügen (bisher) über Programmierungskenntnisse oder ein tieferes Verständnis von Virtual Reality. Das bedeutet, dass sie ohne Rücksprache mit den jeweiligen Experten Inhouse oder der Zuhilfenahme externer Dienstleister die Möglichkeiten, die das Metaversum bietet, nur bedingt erschließen können oder am Ende Aktivitäten und Kampagnen planen, die dort technisch gar nicht umsetzbar sind.

Daher ist zu empfehlen, schon heute die notwendige Expertise Inhouse aufzubauen oder sich Partner zu suchen, die die nötige Erfahrung mitbringen und anhand von reellen Use Cases das Kommunikationsteam „aufschlauen“ und mit ihnen gemeinsam eine Strategie und am Ende umsetzbare Aktivitäten planen.

Wenn man sich über die Marschroute der Marke und die Unternehmensziele in der virtuellen Welt bereits jetzt im Klaren ist, kann man – wenn das Metaversum Realität wird – unmittelbar loslegen und hat damit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.

 

 

4. Fazit

Heute schon ans Morgen denken

Das Metaversum bietet für Kommunikationsprofis schier unendliche Perspektiven. Hier können nicht nur neue Zielgruppen erschlossen werden, sondern auch bestehenden ein durchgängiges Markenerlebnis geboten werden. Dazu muss man aber die Regeln und Konventionen des Metaversums verstehen und gemäß dieser agieren. Dies bedeutet nicht nur, dass sich PR-Experten neues Wissen aneignen müssen, sie müssen auch lernen eng mit Programmierern und Tech-Spezialisten zusammenzuarbeiten, um gemeinsam eine umsetzbare Markenstrategie und Kampagnen für das Metaversum zu entwickeln.

Ein Trial-and-Error-Verfahren darf dabei nicht verpönt sein. Teams sollten vielmehr ermutigt werden ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, denn Kunden, User, Presse und Stakeholder im Allgemeinen erwarten mehr als ein 08/15-Markenerlebnis im virtuellen Raum.

Ob es uns Kommunikatoren letztendlich gefällt, was das Metaversum mit sich bringt, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Zweiflern muss man klar sagen: es geht nicht mehr darum ob, sondern wann das Metaversum Realität wird. Egal, ob dies in drei, fünf oder erst zehn Jahren der Fall sein wird, Proaktivität und Antizipation haben PR-Professionals schon immer ausgezeichnet. Daher ist es nun an uns, Chancen und Herausforderungen zeitig zu eruieren, Ideen für die virtuelle Welt zu generieren und Content-Strategien zu entwerfen.

Dem Management sei dazu gesagt: Habt keine Angst eure Teams experimentieren zu lassen und allokiert schon heute Marketing- und PR-Budgets für das Wissensmanagement und erste (Baby-) Schritte im Metaversum. Proaktivität ist gefragt, damit die eigene Marke künftig auch in der neuen virtuellen Welt bestehen kann. Denn nur abzuwarten und auf die Versuche der Konkurrenz zu schielen, ist nicht die richtige Strategie, möchte man im Metaversum langfristig erfolgreich sein.

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